Vielerorts hat das Grünland massiv unter der Trockenheit gelitten. Wie können Sie die Trockenschäden beurteilen? Welche Maßnahmen sollten Sie einleiten?

Die Trockenschäden im Grünland zeigen sich regional sehr unterschiedlich. Selbst dort wo Gewitter auftraten, waren es leider allzu häufig Starkregen-Ereignisse, die dem Boden nur wenig nachhaltige Feuchtigkeit gebracht haben. Bevor die Bestände in den nächsten Monaten in die Winterpause gehen, müssen sie deshalb dringend gepflegt werden.

Gießprobe hilft Zustand zu beurteilen

Als ersten Schritt sollten Sie sich Ihre Grünlandbestände genau anschauen und bestimmen, wie groß die Schäden sind. Wie stark das Ausmaß ist, lässt sich jedoch erst nach nennenswerten Niederschlägen und einer erneuten Wachstumsphase beurteilen.

Tipp: Mithilfe einer Gießprobe lassen sich die Schäden zumindest ansatzweise ermitteln. Dazu einen Quadratmeter Grünland mit 20-30 Litern wässern und anschauen was und wie viel wieder in den nächsten Tagen wächst. Häufig zeigt sich, dass Deutsches Weidelgras eine hohe Resilienz (Widerstandskraft) aufweist. Auch nach langen Trockenperioden ist es sehr regenerationsfähig.

Größere Schäden: Intensiv striegeln

Dort wo deutliche Schäden an der Grünlandnarbe zu sehen sind, kann es sinnvoll sein, diese intensiv zu striegeln. Denn die Bestände lassen sich bei Trockenheit gut auskämmen. Besonders die flach wurzelnde Gemeine Rispe kann so geschädigt und aus dem Bestand entfernt werden. Dabei entstehen Lücken, die Platz für hochwertige Gräser bzw. günstige Keimungs- und Entwicklungsbedingungen für die Nachsaat bieten.

Nachsaat in den nächsten Wochen entscheidend

Eine Nachsaat wird auf den meisten Beständen in den nächsten Wochen unumgänglich sein. Diese sollte in keinem Fall im Frühjahr, sondern jetzt erfolgen. Denn Dauergrünland ist eine Winterung und entwickelt sich deshalb in den nächsten Monaten am besten (passende Tageslängen, ausreichende Bodentemperatur und Wassermengen, geringe Konkurrenz durch Altbestand).

Nachsaattermin: Soll noch eine Güllegabe gemäß Düngeverordnung erfolgen, dann sollten Sie besser jetzt schon direkt nachsäen (trotz Trockenheit). Wenn Sie später säen, kann es durch Gülle zu Verätzungsschäden an den Keimlingen kommen. Immer walzen, gerne auch 2-mal, um einen besseren Bodenschluss für das Saatgut zu erreichen.

Ansonsten sollten Sie kurz vor dem Regen nachsäen, da das Saatgut dann eingewaschen wird und schnell aufläuft. Aber auch nach den ersten Niederschlägen ist eine Nachsaat noch sinnvoll, sofern die Flächen dann noch gut befahrbar sind. Dann sollte allerdings nicht zu lange auf die Regeneration der Altnarbe gewartet werden. Der Altbestand sollte zum Zeitpunkt der Nachsaat eine Aufwuchshöhe vom maximal 10 cm aufweisen. So lässt sich außerdem ein gutes Anwalzergebnis erzielen. Spätestens bis zum 15. Oktober nachsäen (Leguminosen bis 15. September). Je nach Witterungsverlauf im Herbst/Winter und Höhenlage sind auch späte Nachsaaten bis November noch möglich. Wichtig je später es mit der Nachsaat wird: auf frostunempfindliche empfohlene Sorten setzen und die Nachsaatmenge um 20% erhöhen.

Nachsaatstärke: Wird viel Material aus dem Bestand gekämmt, sollte dieses abgefahren und im zweiten Striegelgang nachgesät werden. Für eine Nachsaat benötigen Sie Lücken, um die neuen Pflanzen etablieren zu können. Aber Vorsicht bei hohen Saatstärken: Nachsaatmenge von 10 kg (1/3 der Blanksaat) benötigen schön einen erheblichen Lückenanteil von etwa 30%, damit die volle Saatmenge auch nachhaltig im Bestand etabliert werden kann. Zur Risikoabsicherung (z.B. Erosion nach Starkregenereignis) oder wenn ein Teil der Flächen noch begüllt werden soll, kann es auch Sinn machen, mit zwei Nachsaatterminen (einmal im Spätsommer und nochmal im Herbst) zu planen (5 kg und 5 kg statt 1x 10kg). Stark geschädigten Teilbereichen (z.B. Kuppen) werden einfach mehrfach überfahren.

Technik: Der Einsatz von Durchsaat- bzw. Direktsaattechniken (z.B. Vredo) erhöht die Nachsaatsicherheit. Voraussetzung sind aber lückige Bestände ohne Filz, z. B. aus Gemeiner Rispe oder Rotschwingel. In diesen Fällen bietet der Striegel deutliche Vorteile, auf wenn die Auflaufrate bei der Obenaufsaat nicht ganz an die Direktsaat heranreicht.  Bei der Direktsaat ist eine flache (1 cm) Saat entscheidend und bei beide Verfahren das anschließende Walzen für einen guten Bodenschluss unerlässlich!

Leguminosen oder Kräuter?

Sortenwahl: Für die Nachsaat geeignet ist besonders das Deutsche Weidelgras (konkurrenzfähig und schnelle Jugendentwicklung), vor allem auf intensiv genutzten (Silo-)Flächen und Standweiden.  Es schließt schnell die Lücken und ist, im Herbst gesät, zum folgenden 1. Schnitt bereits ertragswirksam.  Für Heuwiesen machen Obergräser Sinn, insbesondere wenn die Narbe stark geschädigt ist. Zusätzlich zur Trockenheit haben in 2022 auch Engerlinge in einigen Regionen, vor allem auf den extensiveren Flächen, massive Schäden angerichtet. Auf Trockenstandorten macht Knaul-, bei etwas besserer Wasserversorgung auch Lieschgras oder Wiesenschwingel Sinn.

Immer mehr Milchkuhhalter etablieren Feinleguminosen wie Rotklee (8-10 kg/ha, bei ausreichend Lückenanteil). Dies spart Stickstoff, je %-Anteil im Bestand etwa 3-8 kg/ha/Jahr. Auf vielen Standorten kann dann ab dem 2. Schnitt, auf zusätzliche Stickstoffgaben verzichtet werden. Außerdem wird der Rohproteingehalt im Grundfutter erhöht. Aufgrund seiner Pfahlwurzel lockert der Rotklee zudem den Boden und liefert auch bei Trockenheit Ertrag .

Nach den sich häufenden, trockenen Sommern kann es auch Sinn machen über den Einsatz von Kräutern wie Spitzwegerich und Futterchicorée nachzudenken. Aber Vorsicht: Die Sorten unterscheiden sich deutlich in punkto Stängelbildung und Verholzung. Bisher gibt es zu diesen Kräutern keine offizielle Sortenempfehlung. Außerdem ist die Etablierung im Grünland nur sehr selten erfolgreich. Diese Arten sind vorallem geeignet um Ackerfutterbestände, die reglmäßig neu angelegt werden zu ergäzen.

Tipp: Nachsaaten von Rotklee, Futterchicorée und Spitzwegerich sollten Sie erst einmal auf Teilflächen oder Einzelflächen ausprobieren. Bei Klee müssen dessen Ansprüche an pH-Wert, P-Düngung und K-Düngung beachtet werden.

Achtung: Immer die regionalen Sortenempfehlungen beachten. Qualitätsstandard-Mischungen (rotes oder orangenes Etikett) bieten Sicherheit.

Eigentlich keine Düngung nötig

Eine N-Düngung nach der Dürre ist eigentlich nicht erforderlich, da in der Regel noch viel Reststickstoff durch die geringen Erträge/Entzüge vorhanden ist. Eine Gülleapplikation zur Düngung im Rahmen der geltenden Düngeverordnung (letzter Herbstaufwuchs), kann aber erfolgen. Vorsicht: Ätzschäden an jungen Keimlingen bei Nachsaat vermeiden!

Die Kalkversorgung sollten Sie jedoch im Auge behalten. Denn eine gute Kalkversorgung bringt Vorteile hinsichtlich der Nährstoffeffizienz und verbessert die Trockentoleranz der Böden. Die optimalen pH-Werte nach Bodenartgruppe (BAG) im Grünland sind:

  • leichter Boden (BAG I) pH 5,0 bis 5,5
  • mittelschwerer Boden (BAG II) pH 5,5 bis 6,2
  • schwerer Boden (BAG III) pH 5,7 bis 6,5.

Das Winterhalbjahr ist der beste Zeitpunkt für die Kalkung (nach Bodenproben) mit langsam wirkenden Kalken. Der Kalk wäscht sich durch die Winterniederschläge sicher bis zur nächsten Nutzung ein. Mischkalke mit Schwefel sollten allerdings erst im Frühjahr (Februar/März) ausgebracht werden, da der Schwefel ansonsten ausgewaschen werden kann.

Autor: Katharina Weihrauch, LLH Hessen